zum Inhalt

Das bewaffnete Auge – VALIE EXPORT im Dialog mit der Filmavantgarde

Ein Fernsehformat zwischen Kunstvermittlung, Werkmontage und Medienperformance

David Wittinghofer

Das bewaffnete Auge – VALIE EXPORT im Dialog mit der Filmavantgarde, Zoltan Pataky, AT 1984, ORF Kunststücke, Standbild Folge 1: Inszenierter Raum - Inszenierte Zeit, 40:24.04, © ORF

Die dreiteilige Fernsehserie Das bewaffnete Auge – VALIE EXPORT im Dialog mit der Filmavantgarde wurde 1984 vom Österreichischen Rundfunk ausgestrahlt und ist das Resultat einer Zusammenarbeit mit der Künstlerin VALIE EXPORT. Der Versuch, sowohl historische, als auch neue Strömungen der internationalen und großteils »nicht-narrativ« arbeitenden Filmavantgarde einem breiteren Fernsehpublikum zu vermitteln, darf als ambitioniertes und pionierhaftes Vorhaben angesehen werden. Zwischen Ausschnitten zahlreicher Werkbeispiele tritt VALIE EXPORT im Fernsehstudio als Moderatorin auf und verwebt durch künstlerische Aneignung und mit medientechnischer Unterstützung unterschiedliche Avantgardefilme zu einem bemerkenswerten Fernseherlebnis.

Das bewaffnete Auge fordert als dichte Struktur visueller und auditiver Informationen sein Publikum heraus. Durch das Zerlegen dieser Konstruktion und das Untersuchen ihrer Einzelteile versuche ich, deren Gesamtheit zu erfassen. Dieser fragmentarisch-dekodierende Ansatz ist mit künstlerischen Prozessen und Werken verwandt, die in der Fernsehserie vorgestellt werden. VALIE EXPORT vermittelt Avantgardefilm nicht nur inhaltlich, sondern zitiert und interpretiert ihn auch auf formaler Ebene. Die vorliegende Diplomarbeit greift diese kontinuierlichen Bezugnahmen auf, analysiert Das bewaffnete Auge aber vor allem als das, was es eigentlich ist: Ein Fernsehformat. Verweise auf die Geschichte und Theorien des Fernsehens, sowie dessen Potentiale und Problemstellungen, lassen Das bewaffnete Auge in einem anderen Licht erscheinen.

Durch Verweise auf das vielseitige Schaffen von VALIE EXPORT wird Das bewaffnete Auge wiederum auch im anagrammatischen Werkkörper der Künstlerin verortet. Die Zusammenarbeit mit dem VALIE EXPORT Center Linz erlaubte den Zugriff auf die Bibliothek der Künstlerin und das Miteinbeziehen von Informationen aus archivierten Skripten und Korrespondenzen, wodurch punktuelle Einblicke in die Entstehungsgeschichte von Das bewaffnete Auge möglich werden. Ein Index versammelt neben Produktionsdaten auch alle dort vorgestellten Werke und Künstler*innen.

Das ebenso einladende wie hermetische Fernsehexperiment kann auf verschiedene Weise rezipiert und kategorisiert werden, weshalb ich drei einander ergänzende Möglichkeiten der Annäherung vorschlage: Das bewaffnete Auge als Kunstvermittlung, Werkmontage und Medienperformance.

Diplomarbeit, 2021
Abteilung für Kunstgeschichte und Kunsttheorie