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PRESSEAUSSENDUNG

Zwischen Mehr und Weniger

Eine Ausstellung der Kunstuniversität Linz in der ehemaligen Kirche der Marienschwestern und Paramentenwerkstatt widmet sich dem freiwilligen Verzicht in Zeiten grenzenlosen Konsums.

Studierende des Institutes für Kunst und Bildung der Kunstuniversität Linz beschäftigten sich im Studienjahr 2023/24 mit Konsum und Askese. Ausgangspunkt der dazu angebotenen Lehrveranstaltungen1 waren die gegenwärtig auffallend häufig auftretenden Beispiele von selbst auferlegten Enthaltsamkeiten aus unterschiedlichen sozial- und gesellschaftspolitischen Motiven. (Junge) Menschen sehen sich Kriegen, Krisen, ökologischen Katastrophen und einer schrumpfenden Zukunft gegenüber. Sie kaufen keine neuen Kleider mehr, ernähren sich vegan, kaufen Möbel im Second-Hand Shop, verzichten auf Flüge, Autofahrten oder überhaupt auf Reisen. Dem gegenüber steht eine gigantische Konsummaschine, angetrieben vom Motor einer unwiderruflichen Wachstumsökonomie und ein eingespieltes Konsumverhalten, in dem wir per Mausklick Waren bestellen und auf den Weg schicken, ohne sie je zu benötigen.

Im Zuge eines temporären und ortsspezifischen Kunstprojekts wird am Mittwoch, den 15. Mai 2024 um 18.00 eine thematische Ausstellung zu Konsum und Askese in den Räumen der ehemaligen Kirche und Paramentenwerkstatt2 in der Seilerstätte 1 und 5 eröffnet. Studierende der Kunstuniversität zeigen, ausgehend von einer sensiblen Feldforschung, künstlerische Arbeiten – Filme, Interventionen, raumbezogene Installationen und partizipatorische Arbeiten. Unterschiedliche Formen von Kunstvermittlungsangeboten sind Teil des Projektes und der Ausstellung.

In der Paramentenwerkstatt wurden seit 1870 sakrale Textilien hergestellt und restauriert. Die Kirche der Marienschwestern fügt sich nahezu unscheinbar in die Straßenfront ein und besteht seit 1870. Ihren heutigen Charakter hat sie seit der Neugestaltung im Jahr 1950. Ende 2022 haben die Marienschwestern ihr „Mutterhaus“ und die Kirche in Linz nach mehr als 150 Jahren verlassen und sind nach Bad Mühllacken gezogen. In Form einer Zwischennutzung werden für die Zeit der Lehrveranstaltung und der Ausstellung die leerstehenden Räume mit der sensiblen Auseinandersetzung zukünftiger Künstler*innen und/oder Kunstvermittler*innen mit dem ehemaligen Lebens- und Wirkungsort der Marienschwestern vom Karmel in Linz neu belebt.

Wir wünschen eine gute Enthaltung.

1 Im Wintersemester wurde neben einer Auseinandersetzung mit klösterlichen oder selbst auferlegten Enthaltsamkeiten und kontemplativen Lebensformen das Phänomen Shopping Konsum- und Warenwelt untersucht. Unter anderem wurden die Eremitage in der Türmerstube des Linzer Mariendoms, das Einkaufszentrum Plus City, der 3er Hof – eine landwirtschaftliche Kooperative im Stadtgebiet von Linz und das Zisterzienserstift Wilhering besucht. Impulse und Einblicke in klösterliche Werte im Spannungsfeld einer von Konsum geprägten Welt erhielten die Studierenden durch Gespräche mit Abt Reinhold Dessl in Wilhering und mit Sr. Eva Maria Voglhuber vom Konvent der Salesianerinnen in Wien. In der Plus City filmten und performten sie.

2 Die Paramentik beschäftigt sich u.a. mit der Gestaltung liturgischer Kleider und gottesdienstlicher Textilien. Paramente sind die im Kirchenraum und in der Liturgie verwendeten Textilien, die oftmals künstlerisch aufwendig gestaltet sind.

Im Zuge des Projekts von Hubert Lobnig, Moritz Matschke, Martina Gelsinger und Josseline Engeler, Abteilung Künstlerische Praxis am Institut für Kunst und Bildung sind Arbeiten von Julia Arzt, Eva Binder, Brigitte Brandauer, Laura Ecker, Musab Egilmez, Theresa Enzensberger, Sarah Sophie Fath, Magdalena Goluch, Katharina Hatlauf, Anna Höllinger, Vanessa Iglsböck, Nadine Koger, Denis Koller, Raphael Mateju, David Mayr-Stritzinger, Leo Neuhauser, Lea Nothdurfter, Emine Özcelik, Julia Pischlöger, Lea Prähofer, Sarah Prenninger, Dana Rausch, Sophie Schilhuber, Alexandra Schinagl, Laura Schmidt, Whendy Schopper, Katharina Scholten, Franziska Sumereder, Kerstin Ullmann, Chakliin Vahtra, Laura Wopalenksy und Evelyn Zoitl zu sehen.

Eröffnung: 15. Mai 2024 18.00 Uhr
Di bis Fr 14.00 – 18.00 Uhr
Ehemalige Kirche und Paramentenwerkstatt
Seilerstätte 1 und 5, 4020 Linz

Pressefotos

COUTURE - (RE)CONSTRUCTION von Katharina Scholten Kleidungsstücke, Marmor, Kaseln, 2024 Mit Kleidungsstücken bezogene Objekte unterschiedlicher Größe und Gewicht. Den Ausgang für die künstlerische Arbeit bildete der Versuch, Kleidungsstücke von ihrem ursprünglichen Zweck zu entfremden, um auf den Kleidungskonsum unserer Gesellschaft zu verweisen. Die Unmengen an existierenden Textilien inspirierten Katharina Scholten, unbeseelte Gegenstände einzukleiden und sie so zu sinnlichen Objekten zu machen. Dank der ursprünglichen Funktionen des Kleidungsstückes können diese Objekte beispielsweise über eine Knopfleiste an- und ausgezogen werden. / Foto: Moritz Matschke
Weniger ist mehr von Sarah Sophie Fath, Laura Schmidt Fotografie, 80 x 110cm, 2024 Macht uns der Konsum wirklich glücklich? Der Mensch schwimmt im Überfluss und merkt es oftmals nicht einmal. Ist es das Blindsein des Alltagstrotts oder doch das bewusste Ignorieren? Gefangen und gefesselt in den Fängen des Konsums, ist es an der Zeit die eigene Lebensweise zu überdenken!
Ortsbezogene Konstellationen in der profanierten Kirche der Marienschwestern von Karmel, nach einer Idee von Hubert Lobnig. / Foto Moritz Matschke