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WS 2006/07

Kreativtag in Wels

Am Kreativtag, welcher fixer Bestandteil der zweijährigen Ausbildung im Colleg für Familienpädagogik in Wels ist, haben sich Studierende der Bildnerischen Erziehung und Studierende des Collegs für Familienpädagogik eingefunden. Grundsätzlich ging es diesmal im Rahmen des Ausbildungsmoduls "Seelische Verletzungen" (Colleg Wels) bzw. im Rahmen der Lehrveranstaltung "Bereichsdidaktiken" (Lehramt Bildnerische Erziehung, Kunstuniversität Linz) um eine Sensibilisierung zum Thema Partizipation.
In der selbsttätigen Auseinandersetzung wird die Basis für den Transfer in die zukünftige pädagogische Arbeit gelegt. Der Kreativtag in Wels kann als eine der Initialzündungen für Fragen der Ästhetik und der Kreativität in Verbindung mit grundlegenden Herausforderungen der Erziehung und Pädagogik verstanden werden. Eine neue Herangehensweise mit gestalterischen Mitteln drückt auf symbolisch-sinnlicher Ebene den Ernst und den Nachdruck aus, den beispielsweise das Thema Partizipation und damit auch verwandt das Thema Kinderrechte/Menschenrechte verdient.
Die Lehrveranstaltung "Bereichsdidaktiken" des Wintersemesters 2006/07 wurde von A.Univ.Prof.Mag.art. Wolfgang Schreibelmayr und VAss Mag.phil. Barbara Strametz geleitet. Die Kontaktperson am Colleg für Familienpädagogik in Wels war Mag.phil. Andrea Hörtenhuber.

Homepage Colleg für Familienpädagogik / SOS Kinderdorf

Materialien und Techniken
Alle Materialien, die für die Erstellung von zwei- und dreidimensionalen Werken geeignet erscheinen, ungiftig, günstig und ökologisch vertretbar sind, sind brauchbar. Alle Techniken und Werkzeuge, die geringe Vorkenntnisse voraussetzen, auch von Kindern und Jugendlichen (in sinnvoller Alterszuordnung) gehandhabt werden können, sind einsetzbar.

Gruppen
6 Kleingruppen á 5 Personen - Je zwei Studierende der Kunstuniversität und drei Studierende des Familiencollegs. Diese Gruppenzusammensetzung hat sich als sehr sinnvoll erwiesen: Das gemeinsame Arbeiten bleibt überschaubar und bewegt sich in einem vertrauten Rahmen. JedeR der Beteiligten hat die Möglichkeit, seine/ihre spezifischen Erfahrungen und sein/ihr Fachwissen einzubringen.

Der zeitliche Rahmen
Alle Beteiligten verbrachten einen Tag miteinander. Generelle Informationen organisatorischer und inhaltlicher Natur wurden zu Beginn des Tages geklärt. Danach ging es in die Kleingruppen. Die Zeit bis zur Abschlusspräsentation im Plenum konnte frei bzw. individuell gestaltet werden. Zur Abschlussreflexion fanden sich wieder alle ein. Die entstandenen Arbeiten wurden mit Hilfe von Fotos, die im Laufe des Tages entstanden, präsentiert.

Örtliche/räumliche Rahmenbedingungen 
Im Colleg für Familienpädagogik standen genügend Räume zur Verfügung um sich einerseits im Plenum zusammenzufinden, andererseits um in Gruppenarbeit bzw. in kleineren Einheiten arbeiten zu können. Für individuell gewählte Pausen stand ein Aufenthaltsraum in angenehmer Atmosphäre zur Verfügung. Zwei der sechs Kleingruppen nutzten den angrenzenden, hauseigenen Garten. Eine der Kleingruppen bezog die nähere Umgebung (Traunufer) mit ein. Insgesamt konnte für dieses Vorhaben von idealen Bedingungen gesprochen werden.

1. KönigInnenthron für Kinder und Jugendliche 

Idee und Moderation
Reinhard Zach, Oliver Haindl

Partizipation realisiert sich, wenn Kinder die Möglichkeit haben, abwechselnd in die Rolle von KönigInnen schlüpfen zu können, um verantwortungsvoll auch mitregieren zu können. Der Thron steht symbolisch für die Macht, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen, im positiven Sinne Überblick zu gewinnen, und gute Qualitäten von Gedanken und Emotionen an diesem besonderen Sitzplatz zu haben.
Der Thron kann gemeinsam mit den Kindern angefertigt werden. Im Freien oder Innenräumen aufgestellt kann der Kinderthron im Alltag benützt werden. Passende Spielregeln können gemeinsam entwickelt werden.

Sensibilisierungsübungen auch für Erwachsene - Empathie für das Klein-Sein o.ä. entwickeln:

 

  • was passiert, wenn ich auf dem Thron sitze und den Boden nicht mehr berühren kann? Habe ich keine Bodenhaftung mehr, oder: die Luft oben ist dünn. - Wo sind denn meine FreundInnen, wo ist meine Familie? Bin ich allein? Bin ich sogar einsam?
  • Was passiert, wenn ich alles überblicken kann? Gegenfrage. Heißt das, dass ich jetzt wirklich den Überblick habe und alles sehen kann? Was ist mit den Dingen, die unmittelbar unter mir, hinter meinem Thron passieren? Sehe ich diese noch?
  • Andererseits: Ich koste die Sonderstellung aus. Es ist gut wenn ich einmal meinen Blick ändere, meine gewohnte Position aufgebe. Wenn ich weiter schauen kann, wenn der Horizont (symbolisch als auch physisch) sich öffnet.
  • Ich bin oben und es gibt nur Platz für mich selbst. Mitmenschen müssen es respektieren, dass man einmal allein seinen Gedanken und Träumen nachhängen kann: Wie viel Raum gebe ich mir dadurch? Wie viel wird mir zugestanden? Wie lange?

2. Rundhütte, ein Raum für Kinder und Jugendliche

Idee und Moderation
Isabella Kaineder

Die Verwendung von stützenden und Flächen füllenden Materialien können mehrfach symbolisch interpretiert werden: Auch Kinder benötigen ihren eigenen (Schutz)Raum, in den sie sich für Beratungen zurückziehen können, um ihre Pläne und Wünsche austauschen und entwickeln zu können. Es handelt sich bei der Rundhütte um eine Art "Häuptlingshütte", einem besonderen Ort. Die verwendeten Weidenruten werden anwurzeln und wachsen. Das Wachsen des Baumaterials erinnert an das Wachsen der Kinder.

Besonderheit hier: Arbeit mit Naturmaterialien, Einbezug der unmittelbaren Umgebung; Umwelterfahrung, Rhythmus der Natur, etc. Die Rundhütte kann gemeinsam mit den Kindern gebaut werden. Es ist jedoch sinnvoll, das Bauen der Hütte vorher selbst einmal ausprobiert zu haben. Konkret wurden die Naturmaterialien mit den Beteiligten der Kleingruppe am Ufer der Traun geschnitten. Trotz widriger Wetterverhältnisse ließ sich die Gruppe nicht beirren bis schließlich die Weidenhütte im Garten des Familiencolleg in Wels gebaut war.

Literaturhinweis: Kalberer, Marcel & Remann, Micky. (1999) Das Weidenbaubuch. AT-Verlag Aarau.

3. Mobile, ein ausbalanciertes System von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen

Idee und Moderation
Manuela Gruber, Claudia Steinhöfler

Für das Mobile werden große und kleine Flusssteine verwendet; die großen symbolisieren die Erwachsenen, die kleinen die Kinder. Ein Mobile ist ein bewegliches und ausbalanciertes System von unterschiedlich schweren Dingen. Etwas Bewegliches und Dynamisches soll in Balance gebracht werden, Gleichgewicht von bewegten Teilen soll geschaffen werden durch das Zusammenspiel aller beteiligten Elemente in diesem System. Das einzelne Element kann durch die anderen Halt finden, behält jedoch seine eigene Beweglichkeit.
Mobiles sind (meist) filigran. Es ist nicht einfach Balance herzustellen, aber wenn sie da ist, hat sie etwas Faszinierendes und man versucht immer wieder diesen (oft nur kurzen) Zustand zu erreichen. Jede Familie etwa ist durch seine Individuen hochdynamisch. Nicht der starre Zustand, sondern ein bewegliches und trotzdem in sich stimmiges System wird angestrebt. Jeden Tag neu sind die Mitglieder einer Gruppe (z.B. die Kleingruppe des Kreativtages, eine Familie, ein Klassenverband, etc.) herausgefordert, sich aufeinander zu beziehen.
Die verwendeten Naturmaterialien können an die Entwicklungen und großen Kreisläufe im menschlichen Leben und der Natur erinnern. - Alles ist im Fluss, in Bewegung und in einen größeren Zusammenhang eingebunden. Das Mobile kann gemeinsam mit Kindern entwickelt werden.
An einem geeigneten Ort im Freien, Übergangszone oder Innenraum platziert, kann das Objekt in den Alltag einbezogen werden. Die Aufhängung des Mobiles soll so erfolgen, dass sich niemand darunter befinden kann, um Verletzungen durch eventuell herabfallende Teile grundsätzlich auszuschließen. Unterschiedliche Beleuchtungsmöglichkeiten des mobilen Objektes und sich daraus ergebende Schattenspiele könnten mit überlegt werden.
Das Objekt wurde konkret in der Kleingruppe bzw. durch die Präsentation im Eingangsbereich des Familiencollegs in Wels zum Nachdenken über SOS-Familiensystemangebote anregen.

4. Faltungen, Entfaltungen Idee und ModerationEva Maria Mayr, Elisabeth Eichler

Von zweidimensionalen Faltformen zu dreidimensionalen Objekten gelangen können, steht symbolisch für Entwicklung. Die verwendeten Papiere und Origami-Faltvorlagen wurden von den Beteiligten selber ausgewählt und mitbestimmt. Mögliche Abweichungen von den Vorlagen werden nicht als Fehler, sondern als neue Variation betrachtet.
Die Einzelstücke werden in ein Gesamtarrangement kombiniert, wobei jede Person für sein Stück eine Position und genügend Raum finden soll, mit dem sie sich identifizieren kann. Mit dieser Arbeit soll das Recht auf Lebensfreude, Freiheit, Raum und Stille verdeutlicht werden.
Die Anregung für dieses Projekt fanden die betreuenden Studentinnen im Biennale Projekt "Fallende Gärten", Venedig 2003. An diesem Objektarrangement kann immer wieder weitergestaltet werden und es versteht sich als Work in Progress, welches in einem Aufenthaltsraum des Collegs für Familienpädagogik installiert wurde. 

5. Teil 1: Gemeinsame Kreationen aus Ton

Idee und Moderation
Lina Vargas de la Hoz, Eva Wechselauer

Die Kleingruppe sitzt in einem Kreis. Jede Person formt ein Stück Ton. Nach einer vereinbarten Zeitspanne wird das Werkstück im Kreis weitergegeben. Jede Person formt an einem anderen Stück weiter. Dieser Vorgang wird einige Male wiederholt. Es entstehen so viele Werkstücke, wie Personen an dieser Übung teilnehmen. Partizipatives kreatives Handeln findet statt.
Ein Objekt wird durch viele Hände "geformt". Sowohl der Prozess als auch das Produkt regen zum Nachdenken über Partizipation an.
Aus den anschließenden Gesprächen wurde deutlich, dass es zur Überraschung vieler mit der Zeit unerheblich wurde, wer was wie genau an den Objekten gestaltet hat, auch war es nicht wichtig, wem welches Objekt gehört. Man freute sich über den Prozess des Gestaltens und über die spezielle Dynamik, die jede Person dadurch einbringen konnte. Wettbewerb, Besitz oder Konkurrenz waren kein Thema. Die Objekte gehören ein Stück weit allen Beteiligten. Bewertungskategorien wie etwa "gut" oder "schlecht" spielten keine Rolle.
Die entstandenen Objekte wurden an einem geeigneten Platz (Podest oder dergleichen) im Innenraum des Familiencolleg Wels ungebrannt präsentiert. Sinnvoll erscheint die Kombination mit einigen Dokumentarfotos, die den Entstehungsprozess zeigen.

5. Teil 2: Gemeinsame Wege, Spuren eines Stück Weges

Idee und Moderation
Lina Vargas de la Hoz, Eva Wechselauer  

Spuren lassen etwas Stattgefundenes sichtbar werden. Bei dieser Übung geht es in hohem Maß darum, Vertrauen zu schaffen, Sicherheit zu bieten und sich führen zu lassen: Eine Person bemalt die Fußsohlen der anderen Person und führt diese anschließend über eine auf dem Boden ausgebreitete Stoffbahn. Jener Person, die sich führen lässt, sind zu Beginn die Augen verbunden worden.
Zudem spielen in diesem Workshop sinnliche Erlebnisse, die sich dem Alltag meist entziehen, eine Rolle. Den Sehsinn temporär ausgeschaltet/eingeschränkt, tritt nun taktiles, akustisches, olfaktorisches und auch vestibuläres Erleben in den Vordergrund: Das Kitzeln des Pinsels auf der nackten Fußsohle, die unterschiedlichen Stimmen und Geräusche, der typische Geruch der nassen Acrylfarbe, die intensive Wahrnehmung des Bodens (Stoff plus Farbe plus Haut), und schließlich das Sich-Vortasten und Führen-Lassen im Raum, welches den Gleichgewichtssinn herausgefordert hat.
Auf der symbolischen Ebene können Fragen aufgeworfen werden, die sich u.a. damit beschäftigen, in welcher Form Menschen ein Stück des Weges miteinander gehen. Die Spuren eigener Schritte, die man gesetzt hat, können gefunden oder hinterfragt werden. An welchen Spuren und Zeichen zeigt sich Partizipation im Zusammenleben mit Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen? Wie wird erkennbar, dass Teilhabe und Gemeinsames Tun keine Lippenbekenntnisse bleiben? Alles nicht ganz einfach und trotzdem erstrebenswert.

6. Kommunikationen, Hörtrichter und Dosentelefon

Idee und Moderation
Magdalena Strauss, Birgit Mikulaschek

Kommunikation spielt eine tragende Rolle für das Prinzip der Partizipation. Hinhören und zuhören, bzw. wissen, dass einem zugehört wird soll in diesem Workshop deutlich werden. Der Hörtrichter und das Dosentelefon symbolisieren Senden und Empfangen im Kommunikationsprozess. Die Verbindungsschnüre des Dosentelefons wiederum symbolisieren die gegebenen Botschaften, Mitteilungen, die die Menschen miteinander austauschen. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche haben etwas zu sagen, das gehört werden soll. Der Hörtrichter wurde an einem zentralen Ort im Colleg als Sende- und Hörstation installiert. Das Dosentelefon wurde im Stiegenhaus über mehrere Etagen montiert.

Rückmeldungen der SeminarteilnehmerInnen

Besonders positiv erlebt habe ich:

 

  • Gute Themen; viel Brauchbares für die Praxis; es war ein schöner Tag, an dem wir sehr viel Schönes erarbeitet haben, es war locker gestaltet
  • Die Offenheit der StudentInnen, die Gespräche beim Tonarbeiten, die gemeinsame Gestaltung des Fußweges
  • Das Umsetzen der Projekte; sehr nette, interessierte StudentInnen; Die Projekte waren einfach toll, der ganze Tag war sehr spannend und interessant.
  • Lebendige Darstellung, gute Teamarbeit, viele Ideen
  • Die Zusammenarbeit mit den Studierenden
  • Die StudentInnen waren super vorbereitet; Offenheit und Interesse der StudentInnen; die Übung: fühlen, führen, sich führen lassen (Fußweg)
  • Die Vorbereitung der StudentInnen war einfach toll; Interessant waren dann auch die Fotos von den Arbeitsgruppen, dadurch hatten wir auch Einblick in Arbeit und Ergebnisse der anderen Gruppen.
  • Der ganze Tag war sehr belebend, interessant. Die Stimmung im Haus war sehr energiegeladen. Ich konnte meine Kreativität und Grenzen erweitern. Die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten war sehr gut. Es war Spitze!
  • Die ungezwungene, lockere Atmosphäre, in der Austausch, Kommunikation, Spaß, Kreativität ... Platz hatten. Ich konnte viele Ideen sammeln, die mit den Kindern in Zukunft umgesetzt werden können.
  • Alle und Alles von Anfang bis zum Ende! Muss wieder gemacht werden, wenn nicht für uns, dann für die Nächsten! Danke der Kunst!
  • Kreativ und bereichernd
  • Sehr nette, aufgeschlossene StudentInnen
  • Gute Organisation; gute Ideen und Gespräche
  • Es war ein lustiger, kreativer und schöner Tag und eine sehr intensive, lustige und harmonische Arbeit mit den StudentInnen.
  • Intensives Arbeiten und Fertigstellen; neue Ideen; miteinander überlegen und Tun; verschiedene Gruppen zur Auswahl
  • Das Arbeiten in der Kleingruppe war entspannend, locker und kreativ; sehr interessant war zum Schluss die Vorstellung der anderen Projekte.

Das möchte ich den ReferentInnen noch sagen:

 

  • Danke, ihr ward ganz großartig!
  • Danke, ihr ward super - eine Bereicherung!
  • Die fertigen Objekte erstaunten mich sehr, was wir alle miteinander geschaffen haben. Danke für den super Tag!
  • War sehr interessant und lehrreich
  • Es war trotz schlechtem Wetter ein ganz toller Tag!
  • Danke, der ganze Tag war sehr lebendig. Ich konnte auch von den anderen Gruppen viele Ideen mitnehmen.
  • Danke. Bitte das Projekt wiederholen, dass auch andere KollegInnen in den Genuss kommen!
  • Danke noch mal an die Jugend!
  • Super Ideen - Danke!
  • Der Tag hat gut getan und inspiriert

Projektleitung
A.Univ. Prof. Wolfgang Schreibelmayr