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PRESSEAUSSENDUNG

Als Österreich ein wichtiges Ölförderland war

Linz, am 19. Oktober 2022

Die Tagung und Nachtung „Situiert im Globalen“ an der Kunstuniversität Linz wirft auch einen Blick auf eine weitgehend unbekannte Episode österreichischer Geschichte

Linz ist in den kommenden Tagen wieder einmal ein Ort des Nachdenkens und des Diskurses: Die bereits traditionelle Eröffnungstagung (und Nachtung) des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften (IFK) an der Kunstuniversität Linz widmet sich den Effekten der Globalisierung. Eine Vielzahl international renommierter Kulturwissenschafter*innen und Künstler*innen beschäftigen sich mit Auswirkungen auf die Gesellschaft, auf Kultur, Sprache, Klima und Ökonomie. So gut wie alle aktuellen politischen Problemkonstellationen stehen mit diesen Dynamiken des Sich-Rundens der Welt in Zusammenhang. Ob es um Asyl- oder Sicherheitspolitik geht, um Seuchenbekämpfung, um Klima- und Energiepolitik: Nichts davon ist denkbar, ohne die lange Geschichte der Kosmopolitisierung an konkreten Orten mit ins Auge zu fassen.

Von großem Interesse dürfte der Eröffnungsvortrag von Khadija Zinnenburg Carroll sein, sie ist eine österreichisch-australische Künstlerin und Historikerin mit den Schwerpunkten Kolonialgeschichte und bildende Kunst und wird zum Thema „Restitution in Austria. Looting and Colonising from the Habsburgs to Hitler“ sprechen. Zinnenburg Carroll ist Associate Professor an der Central European University (CEU) in Wien.

Zu sehen ist außerdem die Petro Revue Linz, die künstlerische Bearbeitung eines kleinen Stücks Globalisierung. Dabei geht es um Erdgas und Erdölförderung in Oberösterreich und im Wiener Becken. Öltanks und Raffinerien stehen schon im ausgehenden 19. Jahrhundert an der Donau. Um 1900 ist das Habsburgerreich mit seinen galizischen (heute ukrainischen) Ölfeldern Förderland Nummer drei nach den USA und Russland. Nach 1938 soll Linz petromodern zur prächtigsten Metropole Österreichs ausgebaut werden, während Erdöl aus dem Wiener Becken die NS-Kriegsmaschine antreibt. Bis zum Abschluss des Staatsvertrags 1955 und noch darüber hinaus fließen Millionen Tonnen Erdöl als Reparationszahlungen an die UdSSR. 1965 wird Wien OPEC-Stadt und damit Teil eines utopischen Projekts der Ölförderländer auf der Südhalbkugel. Die Montanuniversität Leoben mausert sich zu einer der wichtigsten Petroleum-Lehrstätten Europas.

Zwischen Petro-Euphorie und Petro-Melancholie, zwischen jüdischem Unternehmertum in Galizien, »Anschluss« und sowjetischer Besatzung, zwischen katholischer und sozialdemokratischer Petromoderne – im Brennspiegel des Erdöls verdichten sich in Österreich lokale Geografien, nationale Geschichte und globale Dynamiken des 19., 20. und 21. Jahrhunderts. Die Petro Revue Linz montiert Unterhaltung und Propaganda, Videoschnipsel und Musik mit geowissenschaftlichen Materialien und historischen Dokumenten. Diese Montagen bilden den Rahmen für Gespräche. Gäste und Gesprächspartner*innen sind Bianca Brandstätter von der Montanuniversität Leoben und der österreichisch-französische Historiker Jérôme Segal. 

Die Veranstaltung findet hybrid statt. Für die Teilnahme via Zoom ist lediglich eine Anmeldung zum Meeting mit Namen und E-Mailadresse notwendig. Den Zoom-Link erhalten Sie unmittelbar im Anschluss per E-Mail zugeschickt. Bitte registrieren Sie sich über die Website des IFK. Für die Teilnahme in Präsenz ist eine Anmeldung per E-Mail an registration@ifk.ac.at und das Tragen einer FFP2-Maske notwendig. Die Anzahl der Teilnehmer*innen ist begrenzt.