Jakob Breitwieser, Marlene Eisenberger, Stephanie Farkashazy, Alexander Grettner, Rebecca Hochreiter, Matthias Lindner, Pamela Litzlbauer, Moritz Matschke, Marlies Matzer, Elke Meisinger, Lee Meng-Shu, Anna Pech, Felix Schager, Michaela Tanzer, Vildan Turalic, Julia Vogt, Martin Weichselbaumer, David Wittinghofer
Rauminstallationen, 2013/14
Experimentelle Gestaltung
Die Studierenden der Experimentellen Gestaltung fokussierten sich auf den Ort und seine komplexe Geschichte, seine ehemaligen BewohnerInnen und seine Veränderung und Verwandlung. Sie arbeiteten ein ganzes Semester vor Ort und entwickeln eine Vielzahl von raum- und ortsbezogenen Arbeiten. Als Abschluss der Recherche und des intensiven Arbeitens wird interessiertes Publikum an drei Öffnungstagen in Gruppen durch das Hochhaus zu den künstlerischen Arbeiten und Installationen geführt.
Projektleitung: Hubert Lobnig, Experimentelle Gestaltung
In Kooperation mit: Sustainable Architecture + Spatial Tactics, Voest Alpine
Die künstlerischen Arbeiten:
Alexander Gretter
O.T. Wäscheleine/Nasse Wäsche
Außenbereich:
Geplant war ursprünglich ein Stahlseil zwischen den Gebäuden 42 und 43, den erstenbeiden Häusern zu spannen und mit nasser Kleidung und Bettwäsche zu behängen.Realisiert wurde aus technischen Gründen die Version, mit einer Wäscheleine zwischenvier Fenstern des ersten Hauses. Die Wäsche diente somit als Zeichen an derHausfassade. Es sollte das Gefühl entstehen, das hier ein sozialer Brennpunkt war. Durchdie Abgeschlossenheit, die fehlende Infrastruktur konnte man nur schwer derLunzerstraße entfliehen. Die Wäscheleine steht für die Enge des Zusammenlebens undden Verlust von Privatsphäre. Die nasse Kleidung welche im Winter im Wind fattert,wird die Umgebung in sich aufnehmen. Und Industrie-Staub setzt sich in der Kleidungfest.
Moritz Matschke
O.T.
Aufzugsschacht:Rakete
Ein aufgelassener Aufzugsschacht des Hochhauses „Lunzerstraße 42“ erfand sich neu alsOrt selbstgebauter Abschussphantasien. Der aus zum Teil Gefundenen undIndustrieschrott konstruierte Flugkörper erzeugte eine zeitlose Präsenz der vor Ortgelebten Intentionen. Der Mythos vieler unerzählter Geschichten und Erlebnisseverdichtet sich in der Enge des Schachtes. Der marode Kern des verfallenen Hausesbeherbergte im tiefsten Inneren ein zum Abschuss bereitstehendes Geschoss. Zugleichwar das Objekt das imaginierte Raumschiff mit deren Hilfe Grenzen und Barrierenüberwunden werden können. Die Rakete als Objekt der Bedrohung und Chancesuggeriert die Vorstellung sanktionierter BewohnerInnen als unsichtbare Akteure imVerborgenen am Rande der Stadt.
Rebekka A. Hochreiter, Michaela M. Tanzer und Martin Weichselbaumer
Zeitworte, Sound Installation
Die Gebäude haben viele spannungsvolle Jahre hinter sich. Große Teile davon wurdenviele Jahre als Unterbringung für Flüchtlinge und Asylwerber_innen genutzt. Besondersvon 1992 bis 1999 gab es an diesem Ort etliche Zimmer für Kriegsfüchtlinge aus Bosnienund anderen von Kriegen und Krisen betroffenen Ländern. Die Wohnblöcke wurdenAnfang 2014 abgetragen und verschwinden somit auch aus der Stadtgeschichte unddem Blickfeld ihrer Einwohner_innen. Um persönliche Bilder die dort am Rande derStadt entstanden, fest zu halten und subjektive Erinnerungen an Erlebnisse die in an dasHaus gekoppelt sind in das öffentliche Bewusstsein zu rücken, hielten wir Gespräche mitehemaligen Bewohner_innen und Angestellten der Volkshilfe OÖ fest. Ortsbezogenwurden Ausschnitte aus zuvor geführten Interviews via kleinen Lautsprechen platziertum die stillgelegten Räume wieder laut zu machen.
Elke Meisinger
O.T.
5. Stock: Fotoarbeit
Die zentralen Themen meiner Bildproduktion sind die Architektur, das „Zuhause“(hauptsächlich Einfamilienhäuser) und Irreführung der Raumwahrnehmung imFotografschen. Ich fotografere analog mit Mittel-Format, nutze aber auch bei einigenProjekten die digitalen Möglichkeiten der Bildmontage und arbeite teilweise bewusstmit der Erwartungshaltung des Betrachters einer möglichen Manipulation und derdaraus resultierenden Irritation.
Vildan Turali
c5. Stock
Ortsbezogene Video/Sound + Objekt/Sound Installation
Die Geschichte eines Gebäudes ist oft auch die Geschichte seiner Bewohnerinnen.Unerwartet begibt es sich, dass zwei meiner Erinnerungen respektive Erlebnisse,Parallelen zu den Erfahrungen der ehemaligen Bewohner_innen der Lunzerstraßeaufweisen.Die Video/ Sound Installation greift zurück auf meine Erfahrungen als Werkstudent imVoest-Betrieb und nimmt gleichzeitig Bezug auf die ersten 15 Jahre der Gebäude, wo sieals Unterkunft für die Lehrlinge des Stahlbetriebes dienten. Die Objekt/ SoundInstallation in einem der Zimmer, stellte ein Ereignis aus meiner Kindheit im ehemaligenJugoslawien nach. Sobald die Sirenen bei Nacht Fliegeralarm meldeten, verließen wir dieBetten um die Schutzräume aufzusuchen. Zurück blieb das faltige Bettlaken unter demFenster. Vergleichbare Szenarien dürften auch den Flüchtlingen der Balkankriegewiderfahren sein, denen in den 90er Jahren Asyl in der Lunzerstraße gestattet wurde.Die Alarmsignale im Sound verbanden beide Arbeiten und traten in Wechselwirkungmiteinander, überbrückten so Raum und Zeit. Der Ort wurde zur Schnittstelle meinerErlebnisse und denen seiner BewohnerInnen, zeigt aber auch Aspekte auf, die imSpannungsfeld von Krieg und Stahlindustrie durchaus ironische Züge aufweisen.
Julia Vogt
O.T. (Ein Blick vom Mond auf unsere gemeinsame Heimat Erde)
5.Stock: Ortsbezogene Rauminstallation mit Fotografen 59x49x10cm und 59x69x10cm
In einem gewöhnlichen Schlafraum der Lunzerstraße 42 wurden zwei Schaukästen mitFotografen integriert. Die Fotos zeigten das, was hier zu sehen war: Eine Holzblende, aufdie eine Karte geklebt wurde, daneben ein Haken. Auf der Karte ist zu lesen: Ein Blickvom Mond auf unsere gemeinsame Heimat Erde. Darüber eine der ersten Abbildungen,die die Erde vom Mond aus gesehen zeigt. Gegenüber hing über einem Bett ein weitererSchaukasten mit Foto. Zu sehen waren ein Teil der Tapete und eine Lampe unter dereine Postkarte angebracht wurde. Die Postkarte zeigte ein Einfamilienhaus, über demsich ein Regenbogen erstreckt.
Michaela M. Tanzer und Rebekka Hochreiter
Paint it black until it´s sober.
5.Stock:Waschraum 1 - Intervention – Schwarzmalerei/Animation
Die leerstehenden Wohnblöcke der Lunzerstraße haben viele spannungsvolle Jahrehinter sich. Anfang 2014 wurden sie abgetragen und verschwinden so aus den Köpfenehemaliger BewohnerInnen und aus der Geschichte der Stadt. Die 12,75 m2 kleinenZimmer wurden von Lehrlingen, AsylwerberInnen, Flüchtlingen und VOEST -ArbeiterInnen bewohnt. Es sind hoch aufgeladene Orte, voll mit Erinnerungen undLebensereignissen unterschiedlichster Menschen. In ihrem unbewohnten Zustandwirken diese Räume dort geisterhaft und beängstigend. Die Oberfächen der Wände, Decken und Böden sind Zeitzeugen und weisen Spuren der Vergangenheit auf. Bei Betreten solcher fremden Zimmer eröffnet sich uns Besucher_innen viel Unbekanntesund Spieraum für assoziatives Denken. In Gaston Bachelards "Poetik des Raumes" stehtgeschrieben, dass wir Zimmer lesen. "… , denn Zimmer und Haus sind Diagramme derPsychologie, welche die Schriftsteller und Dichter in der Analyse der Innerlichkeitleiten." (Gaston Bachelard; Poetik des Raumes; 9. Aufage; 2011; Fischer TaschenbuchVerlag; Frankfurt am Main; S.60) Bilder, die in Retinas ehemaliger BewohnerInnendrangen, Geräusche, die sich in ihren Köpfen verankerten oder Gerüche, die diese nichtwieder los werden, können wir vielleicht erahnen. Aber wie sich die persönlichenErinnerungsräume wirklich gestalteten, wissen wir nicht.
Man sagt, dass "Erinnerung verblasst." Aber ist es nicht so, dass im Laufe des Vergessens Bilder dunkler werden und sie in die Ferne rücken? Schwarze Materie anstelle vonfarbiger tritt? Wie war es, in den Zimmern der Häuser zu wohnen? Dort zu schlafen, zuessen, zu leben? Welche Erinnerungen bleiben?
Wenn wir abends nach Hause kommen, waschen wir die Spuren/Erinnerungen desTages ab. Wir gehen duschen oder waschen uns die Hände um das Draussen dort zulassen und unsere Intimsphäre zu pfegen. In den Waschräumen dieser Gebäude war eskaum möglich Intimität zu spüren. Weil die Räume ständig mit Anderen geteilt werdenmussten und die dafür vorgesehenen Bereiche nicht für Individuen konzipiert wurden,sie rein funktional und fast schon panoptisch angelegt sind. Wenn einem alsBewohner_in eines Hauses es niemals möglich ist, sich von der Öffentlichkeit ganz zuentziehen, sich sauber zu machen von dem, was Draussen war, gibt es keinRuhemoment. Die Differenz zwischen öffentlichem und privatem Leben ist aberbedeutsam, um wieder frei von den Rollen zu werden, die man für das Draussenangenommen hat. Auch Privatmensch sein zu können ist entspannend und essentiell.Die emotionale Aufadung jener Menschen, die sich in den Waschräumen der Gebäudeder Lunzerstraße die Hände wuschen, die Haare kämmten, den Schmutz unter denFingernägeln entfernten oder die Zähne putzten muss groß sein, weil sie dies niemalsalleine - für sich - tun konnten. So malen wir die weißen Fliesen schwarz, um die Dichte,die Fülle dieser Ladung, darzustellen.
Pamela Litzlbauer
Klammstrasse 3
5.Stock:vor Ort Sound Installation
Waschmaschinen, Boiler, Heizkörper sind nicht nur passive Objekte in unsererWohnung, sondern aktive autonome Gegenstände unseres soziokulturellen Systems. Sie verkörpern gesellschaftliche Werte und Bedeutungen. Die Arbeit Klammstrasse 3 verwendete eine Durchsageanlage die im Gang des ehemaligen Internats und Asylwohnheims angebracht war. Durch die Boxen drangen aber nicht mehr wie füher Aufforderungen und Handlungsanweisungen sondern die mit Hilfe von feld recordingaufgezeichneten „everydaylistenings“ aus einer Privatwohnung. Das Surren der Heizkörper ergab den Grundsound. Dazu kam immer wieder neues brummen/fackern/schnattern und vermischte sich zu einer Klangkomposition die in die Stille des Leerstandes eindrang. Der akustisch leere Raum wurde so neu aufgefüllt.
Keynotesound haben eine funktionale Bedeutung in unseren Leben. Jeder Raum hat seine eigenen Klangkörper „Environemental noise Ambience”.
Marlene Eisenberger
48.26168 °N14.33781 °E
6.Stock:Postkarten