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AUSSTELLUNG

Marmor, Stein und Eisen

Eröffnung: 13. Juni 2025; Ausstellung temporär Klagenfurt, Lendhafen

Die Künstler Iris Andraschek und Hubert Lobnig laden am Freitag, dem 13. Juni 2025, zur Präsentation ihrer temporären Arbeit „Marmor, Stein und Eisen“. Im Zentrum steht die Frage, wie Erinnerung im öffentlichen Raum sichtbar wird. Im Anschluss spielt Yegor Zabelov live im Lendhafen.

Der Lendhafen in Klagenfurt hat eine wunderbare Eigenschaft. Wie in einer Geschichte in Italo Calvinos „Die unsichtbaren Städte“ werden Besucher*innen in eine andere Stadt in eine andere Zeit, in eine andere Zeitlichkeit versetzt. Er (der Lendhafen) fungiert als eine Art Raum-Zeit-Maschine. Wir gehen ein paar Stufen oder eine Rampe hinunter und verlassen Klagenfurt und die Gegenwart und sind plötzlich in Rom oder Paris … . Der Tiber endet hier. Der Zauber geschieht durch Material, Form und Wasser. Der Marmor und die Art, wie er eingesetzt wird deutet darauf hin, dass die Baumeister durchaus ihr großen Vorbilder studiert haben. Das Wasser, seine Farbe, Reflexionen und Spiegelungen bilden den Rest der Poesie des Ortes.

Die Arbeit Marmor, Stein und Eisen beschäftigt sich am Rande des Schwerpunktjahres des Landes Kärnten „Erinnerungskultur/en in Kärnten/Koroška 2025“ mit den Fragen: Braucht unsere Erinnerung materielle Denkmale? Ist Erinnerung nicht ein immaterieller Akt? Welche Rituale braucht es, um kollektiv zu erinnern und wie müssen diese Rituale an Orte, Materialien und Formen, Denkmäler oder Gedenktafeln rückgebunden sein? Ein Übersetzungsprogramm liefert mir zu dem slowenischen Begriff „nematerialen“ zu der direkten Übersetzung „immateriell“ auch gleich die Alternativen „unwesentlich“ und „unbedeutend“. Geraten also Ereignisse ohne materielle Entsprechung in Vergessenheit oder werden als unbedeutend eingestuft und abgewertet?

Konzept
Der Satz ERINNERUNG IST IMMATERIELL - Spominjanje je nematerialnowird mit einem speziellem Negativ-Verfahren in die Mauer des Lendkanals geschrieben, der Schriftzug aus der über Jahrzehnte verschmutzten Wand anhand großer Schriftschablonen vorsichtig herausgewaschen. Der Marmor wird in Form der Buchstaben gesäubert. Der Satz in deutscher und slowenischer Sprache fügt sich harmonisch in das Bild des Lendkanals. Das Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart kehrt sich um. Geschichte, die wir ja eher durch den Überlagerungsprozess durch Ruß und Schmutz - Patina der Stadt identifizieren, wird hier freigelegt. Der darunterliegende Pörtschacher Marmor zeigt sich als der geschichtliche Untergrund. Der Prozess der Immaterialisation deckt die unteren Schichten frei, macht sie sichtbar. Die Wände des Lendhafens zur Stadt hin sind wunderbare Projektionswände.

Ebenso wie der Satz sich plötzlich zeigt, wird er über einen Prozess der Verschmutzung wieder langsam schwächer und irgendwann unsichtbar werden.

Das langjährige spezielle Kärntner Tradition des Geschichts- und Denkmalstreites - Geschichte aus verschiedenen Sichtweisen mit Denkmälern und Museumspräsentationen gegeneinander statt miteinander zu materialisieren - wird im zweiten Teil unserer Arbeit direkt fokussiert und ironisiert. 

Ein fehlendes gemeinsames Geschichtsbild führte in Kärnten zu Gegendenkmal und Denkmal. Denkmäler wurden enthüllt, gesprengt, zerschlagen, beschmiert, besprayt, neuerlich errichtet oder mit derselben Bedeutung überschrieben. Selten gibt es dafür zeitgemäße Herangehensweisen oder Kontextualisierungen. Lernprozesse fehlen.

Das Prinzip Denkmal und Gegendenkmal gleicht einem Art Duell-Prinzip. Klassische Materialien, wie Marmor, Granit oder konventionelle Metalle wie Eisen oder Bronze wurden durchwegs bevorzugt.

In unserem Kunstprojekt schwimmen mehrere Sockel, Plattformen auf dem Wasser des Lendkanals. Sie tragen stilisierten Modelle von Denkmälern, die einen interessanten Beitrag für die Diskussion über Materialität und/oder Immaterialität reflektieren:

Mit dabei das Völkermarkter Partisan*innendenkmal in zwei Teilen, das kurz nach dem 2. Weltkrieg realisiert, 1953l gesprengt wurde und nun geteilt an zwei Orten jeweils denkmalgeschützt zu sehen ist. 

Ein (noch nicht) realisiertes Denkmal für die Opfer des Sicherheitsdienstes der SS, dem Polizeigefängnis und Hinrichtungsstätte am Klagenfurter Kreuzbergl.

Das stark verkleinerte Modell des Denkmals für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg für Berlin-Friedrichsfelde 1926 von Mies van der Rohe, das 1935 von den Nationalsozialisten abgerissen wurde.

Das umstrittene und vor einer Volksschule platzierte, gesprengte sogenannte Steinacher-Denkmal von Völkermarkt, das in seiner durch die Explosion entstandenen neuen, zeitgenössischen Form einer modernen Skulptur ähnelt.